Nur wenige rätselhafte Phänomene haben in so kurzer Zeit so große Aufmerksamkeit erregt wie die Kornfeldkreise. Vor 1980 waren diese erstaunlichen, doch exakt geometrischen Zeichen, die für gewöhnlich in der Nacht aus ungeklärter Ursache auf Kornfeldern oder anderen Getreidefeldern entstehen, nur einigen wenigen Landwirten bekannt. heute sind sie eines der bekanntesten und deutlich sichtbarsten Rätsel aller Zeiten. Sogar ihre Erforschung hat heute eigen eigenen Namen - Zerealogie.

Die einfachste Form ist ein einziger Kreis, in dem alle Ähren flach an die Erde gedrückt, jedoch nicht abgebrochen, sondern nur umgebogen sind. Oft hat der Kreis einen aüßeren Ring, bei dem die Ähren ebenfalls umgebogen sind, jedoch fast immer in die entgegengesetzte Richtung. Manchmal ist der Kreis von einer Reihe kleinerer Kreise (Satelliten) umgeben, die alle in der selben Entfernung liegen und mit dem Hauptkreis durch Kanäle verbunden sein können. Andere Kreise weisen wiederum im Hauptkreis kleine Ringe auf (in denen die Ähren nicht umgebogen sind) und sind von einem äußeren Ring mit umgebogenen Ähren umgeben. Zu Beginn schienen sich die Kornfeldkreise auf den Süden Englands zu beschränken, doch sobald das Phänomen in den Medien Eingang gefunden hatte, kamen auch aus anderen Landesteilen Berichte. Bald war ganz Großbritannien betroffen, und es gab sogar Berichte aus Übersee. Erklärungen für diese Erscheinungen reichten von Igeln und Dachsen bei der Paarung, gelandeten UFOs und zankenden Vogelschwärmen bis zu Pilzinfektionen, Überdüngung und geheimen militärischen Waffenübungen.
Es ist nicht nur die Zahl der Kreise gestiegen, sondern auch die Komplexität. In ihrem Bestseller Circular Evidence meinen die beiden ehemaligen Ingenieure Pat Delgado und Colin Andrews, daß die Kreise kryptische Piktogramme sein könnten, die von einer höheren kosmischen Intelligenz geschaffen wurden. die Hopi-Indianer von Arizona deuteten sie als Hieroglyphen, die aussagen, daß die Welt in schwerer Gefahr ist. eine nüchterne Erklärung, die aber heute von immer mehr Forschern vertreten wird, ist, daß es immer unwahrscheinlicher wird, daß nicht der Mensch seine Hand - ganz zu schweigen von Füßen, Rasenmähern und Seilen, die an einer Stange in der Mitte befestigt sind - im Spiel hat, speziell wenn es um komplizierte Kreise geht. wie können wir sonst zum Beispiel das Phänomen eines Kornfeldkreises erklären, der im August 1991 in der Nähe von Royston, in Cambridgeshire, auftauchte. Er war das perfekte Abbild eines sehr komplexen Computermodells aus der Chaosmethematik, das unter dem Namen Mandelbrot-Menge bekannt ist. Es steht außer Frage, daß sehr viele Kornfeldkreise ein Schwindel sind.

Dennoch sind viele der einfacheren Kreise ohne Zweifel echt. Warum sollte jemand in entlegenen und schwer zugänglichen Gebieten Kornfeldkreise anlegen? Die gängigste und auch plausibelste Antwort darauf ist die Plasma-Wirbel-Theorie von Dr.Terence Meaden, einem ehemaligen außerordentlichen Professor für Physik an der Dalhousie University in Kanada. Er ist heute Herausgeber des Journal of Meteory und eines Tagungsbandes mit dem Titel Circles from the Sky. Dort wo ein Hügel einen Windstoß abhält, bildet sich laut Dr. Meaden ein Wirbel, der auf der vom Wind abgewandten Seite des Hügels auf stehende Luft trifft. Dadurch entsteht eine Spiralsäule, die noch mehr Luft und atmosphärisch Elektrizität ansaugt. Kommt diese mit einem Kornfeld in Berührung, dreht sie sich und drückt die Ähren in der altbekannten Form der Kornfeldkreise nieder. Die elektrische Ladung der Säulen erzeugt auch den hohen Ton, den einige Menschen hörten, kurz bevor sie einen neuen Kreis fanden.
Im August 1991 konnten Gary und Vievienne Tomlinson in Hambledon, während eines Abendspaziergangs dem Entstehen eines Kreises beiwohnen. Nach einem heftigen Wirbelsturm blieben zwei geschockte Augenzeugen zurück, die mitten in einem klassischen Kornfeldkreis standen. Um sie herum waren die Ähren niedergedrückt. Weadens Theorie hat von einem Team japanischer Physiker unter der Leitung von Professor Yoshihiko Ohtsuki weitere Unterstützung bekommen. Die Forscher gaben im Juni 1991 bekannt, daß es ihnen gelungen war, kleine Plasmakugeln (ionisierte Luft) mittels elektromagnetischer Turbulenzen in einem Labor herzustellen, Als diese Kugeln mit Platten, die mit Aluminiumpulver bedeckt waren, in Kontakt kamen, bildeten sich Kreise und Ringe, die den Kornfeldkreisen entsprachen. Durch weitere Forschungen entdeckte man auch Berichte von äußerst faszinierenden Kornfeldkreisen, die vor 1980 entstanden und bisher nicht bekannt waren. Von besonderem Interesse ist ein illustriertes Pamphlet vom August 1678, in dem berichtet wird, daß ein "mähender Teufel" für ein außergewöhnliches Zeichen auf dem Haferfeld in Hertforhshire verantwortlich war, das einem Kornfeldkreis sehr ähnlich ist. Seine heutige Bedeutung wird durch die Tatsache klar, daß im März 1994 ein Landwirt bei einer Auktion in Wiltshire eine Reproduktion dieses Pamphlets aus dem Jahr 1810 um 280 Pfund erstand.
Laut Dr. Meaden können Kornfeldkreise jedoch noch beträchtlich weiter zurückgehen. In seinem Buch The Goddess of the Stones stellte er die Theorie auf, daß die berühmten neolithischen Dekorationen auf Bechern und Ringen, die alten Irrgärten und andere geometrische Darstellungen, die eine Vulva symbolisierten und mit urzeitlichen Fruchtbarkeitsgöttinnen assoziiert wurden, auf frühere Kornfeldkreise und ihr Entstehen zurückgehen könnten. Man sagt, es gibt nichts Neues auf der Erde. Es scheint, daß dies auch für die Welt der Zerealogie gilt.